Wolf Creek Pass... für mich einer der Meilensteine am CDT... und ich bin wieder hier! Warum ist dieser Ort etwas Besonderes? Ganz einfach... jetzt bin ich in der Realität des Weitwanderns angekommen. Nicht nur ich. Viele Kollegen treffen an diesem Ort bzw. in der nächstgelegenen Stadt - Pagosa Springs - wichtige Entscheidungen. 1/4 des Trails ist geschafft und ab jetzt geht es ans Eingemachte... jetzt geht es in den Kernabschnitt der Rocky Mountains... jetzt geht es auf bis zu 4.000m hinauf!
Um diesen Stadt zu erreichen, musste ich erneut die ca. 60-70 Meilen zwischen Cumbres Pass und Wolf Creek Pass überwinden. Alleine an meiner wagen Angabe der Distanz kann man schon erkennen, dass diese Etappe besonders ist.
Heuer nutze ich mein Wissen um ein besseres Timing und anstatt mit Hilfe eines Autostops zurück zum Cumbres Pass zu gelangen, verließ ich Chama eindeutig stilvoller... nämlich mit einer rustikalen Dampflock! Ich bin bekanntlich kein großer Zug-Fan, doch diese Fahrt war echt schön. Mit ganz viel Dampf und zeitweise nicht viel mehr als Schrittgeschwindigkeit (Weitwander-Schrittgeschwindigkeit... hehe!) kämpfte sich die alte Lock, mit echten enthusiastischen Dampflock-Touristen und vier Weitwanderern, Serpentine für Serpentine hinauf auf den Pass.
Wie es der Zufall so wollte, waren die üblichen Verdächtigen plötzlich wieder alle in einer Gruppe unterwegs, da der Autostop der Anderen ungefähr die selbe Zeit in Anspruch nahm wie unsere Zugfahrt. Cumbers Pass präsentierte sich schneefrei wie vor einem Jahr, doch nach ca. 30min Anstieg änderte sich das Bild bereits drastisch und das Schneestapfen konnte beginnen. Sanjay, Lala und Cayman ausgestattet mit Schneeschuhen, brachen anfangs den Trail... der Rest von uns hat zwar auf Steigeisen und Eisaxt aufgerüstet, vertraute jedoch weiterhin auf unser Schuhwerk.
Die angepeilte Tagesdistanz von mindestens 15 Meilen stellte sich schnell als große Hürde da. Am ersten Tag schafften wir gerade einmal 13mi, doch am Morgen des zweiten Tages war die Welt noch in Ordnung. Eine schön gefrorene Eisdecke hielt sogar mein Gewicht aus :-)
Doch bereits gegen 10 Uhr war damit Schluss... ab dann sanken wir alle meist knietief ein... und so blieb es praktisch den ganzen Tag. Die "Großgruppe" vertrödelte sich mit unzähligen strategischen Überlegungen bezüglich Routen- und Pausenwahl, sodass plötzlich "Team Österreich" übrig blieb. Ein großer Dank gebührt an dieser Stelle G-Funk! Durch seinen Gewichtsvorteil war er stets etwas schneller als ich und scheute nicht davon zurück, circa 75% des Trails für mich zu brechen. Um 16 Uhr (!) waren wir beide jedoch bereits so fertig, dass wir Schluss machen mussten.
Der Plan für den dritten Tag... FRÜH aufstehen... und das ich!!! Um 4:30 sind wir bereits marschiert, um erneut die Kälte der Nacht zu nutzen und zumindest die ersten Stunden auf (!) der angefrorenen Schneedecke zu marschieren. Das Problem damit war... es gab keine Kälte. Auf 3.500m Seehöhe kühlte es gerade einmal auf 5°C ab. Gerade genug, dass eine leichte Eisschicht entstand, durch die wir mühelos einbrachen (sogar G-Funk) und die Schienbeine "massiert" bekamen.
Ich brach sogar den Anstieg zur Höhenroute ab, konnte aber nicht einmal eine Rutschpartie am Hosenboden nutzen (glissading), um ins Tal abzusteigen, da ich durch diese dünne Eisschicht ebenso sitzend einbrach und im Tiefschnee versank. Schritt für Schritt stapfte ich bergab, mit meinen Kniescheiben stets an der Eiskante anschlagend, nur um dann durch einen dichten Wald auf der gegenüberliegenden Seite wieder rauf zu müssen. Ich kürzte zwar 3 Meilen ab, brauchte aber genauso lang wie G-Funk auf der offiziellen Route. 3,8 Meilen und 4 Stunden später konnte ich meine Zähen fast nicht mehr spüren und stellte erstmals in meiner Wanderkarriere mein Zelt tagsüber auf, um mich wieder aufwärmen zu können.
Eines habe ich jedoch gelernt... Im "ersten Gang" können meine Füße für Stunden weiter marschieren, auch wenn ich gar nicht will ;-) Irgendwie schaffte ich so innerhalb von 13 Stunden 11,5 Meilen... immer schön eine Hügelkette nach der anderen. ... was für ein Tag :(
Der Vorteil eines Frühaufstehers ist es natürlich einen Sonnenaufgang im Hochgebirge zu genießen. Noch beeindruckender war jedoch der Untergang des Vollmondes kurz davor...
Da war die Stimmung schon wieder in Ordnung. Obwohl wir die Nacht davor nicht mehr als 3 Stunden geschlafen hatten. Die restliche Zeit beobachtete ich nämlich mein Zelt, wie es im nächtlichen Sturm hin und her flatterte.
Am vierten Tag hatten wir prinzipiell mit den selben Schneebedingungen zu kämpfen. Die morgendliche Eisschicht war zu dünn und das Drama ging weiter. So schön kann winterliches Wandern sein ;-)
Der Vorteil war jedoch, dass wir uns langsam Wolf Creek Pass näherten und von 3.800 Höhenmeter auf 3.000m abstiegen. Plötzlich sahen wir Anzeichen, dass wir uns wirklich am Trail befanden. Der Stausee des Wolf Creek Schigebietes war dann sprichwörtlich das Licht am Ende des Tunnels.
Wolf Creek Pass... GESCHAFT!!!
Als G-Funk und ich den Pass in der Früh des fünften Tages erreichten, überraschten uns wenig später Lala, Dayman und Toast mit einem bereits gestoppten Hitch und wir hatten eine mühelose Fahrt nach Pagosa Springs :-)
In den gesamten vier Tagen hatten wir ungefähr 98% Schneedecke und davon waren sicherlich 50% knietiefes Gestapfe. Warum tut man sich das an? Weil es Teil eines Thru-hikes ist! Man muss mit der jeweiligen Situation zurecht kommen und Etappe für Etappe planen.
Und es gibt auch die wirklich schönen Momente, selbst während den anstrengendsten Tagen. Wo sonst findet man solche Schlafplätze auf bis zu 3.800m Seehöhe?
Schneeschuhe sind bestellt und nach ein paar Tagen Pause geht es weiter. "Embrace the brutality!"
Happy trails :-)
Tolle Leistung, super Bilder! Wir sind gerade in Gosau und sammeln hier km und Höhenmeter bei völlig anderen Bedingungen - Sonnenschein und 30 °C.�� Wünschen dir weiterhin gutes Gelingen im Schnee! Lg Das Pack aus Linz!
AntwortenLöschenLiebes Pack ;-)
LöschenJeder Ausflug ist eine Bereicherung... 30°C ist aber schon ein wenig sehr warm!
LG
Lieber Robert! War gerade ein paar Tage unterwegs im Mariazellerland und lese erst jetzt Deinen beeindruckenden Bericht. Gratuliere zu der tollen Leistung und zu den fantastischen Bildern (Vollmond oder das "strahlende" Zelt.
AntwortenLöschenLG Roswitha