Samstag, 16. November 2013

Alltag eines Weitwanderers

Guten Morgen!
Da ich bereits erwähnt habe, dass Weitwandern kein Urlaub ist, werd ich jetzt einen typischen Tag am PCT beschreiben...

Der Start in den Tag ist mit Abstand die schwerste Hürde von allen. Nicht nur weil ich als Langschläfer sowieso einen Hass auf Wecker habe, sondern weil man in der Früh schmerzlich an die Leistung vom Vortag erinnert wird. Mein gesamter Erfolg hängt von der morgendlichen Disziplin ab.


Standard Frühstück… Pop Darts
In der Regel geht der erste von drei Wecker um 5:15! Ab 5:30 Uhr versuche ich dann den inneren Schweinehund zu überwinden und den wohlig warmen Schlafsack zu verlassen... bei oft frostigen Temperaturen.

Mit völlig steifen Füssen gilt es dann wie in Trance alle Sachen in der richtige Reihenfolge im Rucksack zu verstauen und nebenbei ein Frühstück von zwei Stück "Pop Darts" zu genießen und bis zu einem Liter kaltes Wasser hinunter zu bekommen. Gegen 6:15 beginnt dann die "Meilen-Fresserei".


Diese Quelle liegt wahrlich am Weg!
Um den Kopf einzuschalten versuch ich dann währenden der ersten paar Meilen meine Gedanken des Vortages als Audio-Tagebuch auf einem digitalen Diktiergerät festzuhalten.
Nach 3 Stunden am Trail gibt es ein zweites Frühstück von max. 30min… 1-2 Müsli-Riegel + Nutella!!!


Sawer "Gravity" Filter
Es ist natürlich von Vorteil, bei jeder Pause eine Wasserquelle vorzufinden. Da ich meinen "Squeeze-Filter" zu einem "Gravity-Filter" umgebaut habe, hab ich meine Hände frei zur Kalorienaufnahme während das Wasser sich selbstständig filtert. In ca. 10 Minuten bekomme ich so mindestens 3 Liter köstliches Lebenselixier!

Ab dann heißt es Meilen machen, um sich die Mittagspause zu verdienen. Je nach Tagesprofil  habe ich für mich Richtwerte wie 10 Meilen bis 10 Uhr, "12 bis 12" oder wenn es gut läuft "15 bis 13"!




Mahlzeit!
Gerade bei der Mittagspause ist es sinnvoll Wasser vorzufinden, da bei dieser ca. einstündigen Auszeit etwas Körperpflege recht schön ist.
Immer schön gerade aus!
Am Nachmittag kommt dann der mentale Kampf. Jetzt geht es darum, inklusive zweier kleinerer Pausen das gesetzte Tagesziel zu erreichen, welches ich mir bereits in der Früh gesteckt habe.
Wunsch ist immer eine ausreichende Wasserquelle, da am Abend gekocht wird, der Körper nach eine Extradosis Wasser mit  Elektrolyte verlangt und fürs Frühstück auch noch Flüssigkeit benötigt wird!


Klein Schlafplatz in diesem Wald :-(
Nur in Ausnahmefällen will man an einem sogenanntes "Dry-Camp" enden, zu dem man bis zu 2 Liter Wasser zusätzlich tragen muss, um bis zum nächsten Tag über die Runden zu kommen.

Die Karakteristik des PCT macht die Suche nach einem passenden Abendquartier oft recht schwierig, da eine schöne Wasserquelle oft kein Indiz für einen ebenen Schlafplatz ist. Der Trail windet sich oft stundenlang durch uralte Wälder, steile Hänge oder felsige Hochebenen. Solange man nicht unter freiem Himmel "Cowboy-camping" machen will, benötigt man einen brauchbaren Zeltplatz von ca. 2x3 m!

Etwas steinig… aber ganz OK!
Wenn alles gut funktioniert hat, habe ich ca. eine Marathon-Distanz zurückgelegt, bin äusserst müde jedoch sehr zufrieden!

Der Abend verläuft schnell und unspektakulär. Zelt aufbauen, Essen (Nudel bzw. Reisgericht) kochen und essen, schlafen gehen!
Eine "normale" Tagesetappe startet für mich somit zwischen 6 und 7 und endet gegen 19 Uhr nach mindestens 12 Stunden weitwandern!

Solange ich ein Camp für mich alleine hab, liege ich bereits eine Stunde später im Schlafsack und versuche 8 Stunden Schlaf zu bekommen, denn mehr Zeit kann ich meinem Körper nicht bieten, um für den folgenden Tag wieder fit zu sein.
Es gibt also wenig romantische Sonnenuntergänge, da ich da schon längst in meinen Träumen Eiscreme, Schokolade und Pizza nachjage!

Happy Trails :-)

Sonntag, 3. November 2013

Faszination Weitwandern

Faszination Weitwandern
Während der Vorbereitung zu meinem zweiten großen Abenteuer in den USA, bekomme ich vermehrt die "Warum-Frage" gestellt… Warum tust du dir das an?
Aus diesem Grund versuche ich die Faszination Weitwandern zu erklären, sofern dies überhaupt mit ein paar Zeilen möglich ist.

Billy Goat
Viele konnten es nicht verstehen als ich zum Pacific Crest Trail aufgebrochen bin und verstehen es noch viel weniger, dass ich mich jetzt auf den Continental Divide Trail vorbereite.
Ich hätte mir es ja bereits bewiesen! Warum also nochmals die ganzen Qualen?
Eine der Legenden des PCT - Billy Goat - hat zu diesem Thema nur eines zu sagen… "Wenn jemand erst fragen muss, wird er es nie verstehen!"

Will ich die Frage ganz sachlich beantworten wäre mit den folgenden Aussagen alles erklärt:
  • Die Landschaft ist ein Traum!
  • Das Gefühl der Freiheit ist unbeschreiblich!
  • Ich bin fit wie sonst nie!
  • Ich bin mit mir selbst im reinen!

Natürlich ist die Sache etwas komplexer. Jeder hat seinen ganz persönlichen Zugang zum Weiterwandern.
Bei mir fing es an, dass ich mit Bandscheiben-Problemen unsportlich wurde, eindeutig zu viel Speck angesetzt hatte und der Arzt eindringlich mehr Bewegung forderte!
Also kaufte ich mir Nordic-Walking-Stöcke und begann durch meine Heimatstadt Graz zu marschieren. Direkt bei der Haustür raus und los ging es! Schnell bemerkte ich, dass Wanderstöcke in einer Stadt neumoderner Schwachsinn sind, stellte diese ins Eck, doch die Lust am Marschieren blieb.
Eines Tages - ich kann mich noch genau an den Moment erinnern - störte es mich, dass ich immer wieder nach Hause zurück ging, wo ich doch viel lieb gerade aus weitermarschieren würde.
Das Thema Weitwandern ging mir nicht mehr aus dem Kopf!

Eines muss auf jeden Fall klar sein… Weitwandern ist kein Urlaub! Bei Distanzen jenseits der 1.000 Kilometer handelt es sich um Projekte von mehreren Monaten. Geht man gewissenhaft vor ist Weitwandern ein perfekt kalkulierbares Abenteuer! Ein Abenteuer!
Wer kann das in der heutigen Zeit nicht gebrauchen!?!
Meine Generation wird leider von einer Arbeitswelt dominiert, wo jeder Einzelne jeden Tag ans Limit gedrängt wird. Es spielt keine Rolle in welcher Position oder in welcher Branche man tätig ist… fast jeder steht kurz vor einem Kollaps. Das Einsatz verlangt wird ist nicht das Problem, die geringe Wertschätzung der erbrachten Leistungen führt zur Frustration.
Und so kommt man zur selben "Warum-Frage"… Warum tue ich mir das an?

Weitwandern ist eine Art Flucht vorm Alltag - ganz klar! In gewisser Weise ist das ja jedes Hobby. Nur sucht der Weitwanderer nicht den schnellen Nervenkitzel sondern die Faszination einer einfacheren Lebensweise.

Der Alltag wird drastisch vereinfacht… marschieren, essen, marschieren, Wasser suchen, marschieren, schlafen! 
Solange man zuvor sein Budget richtig kalkuliert und finanziell keine Sorgen hat, war's das! Dies hat nichts mit Aussteigen aus der Gesellschaft zu tun sondern ist eine kontrollierte Reduktion!
So lernt man die kleinen Dinge wieder zu schätzen. Nie werd ich vergessen als ich nach endlosen Tagen im staubigen Süden Kaliforniens plötzlich einen einsamen Campingtisch vorfand und mein Mittagessen im sitzen einnehmen konnte. So sehr hatte ich mich noch nie über einen Tisch gefreut :-)
Ganz zu schweigen vom Luxus einer Dusche wenn ich wieder einmal einen Zwischenstop in einer Kleinstadt einlegte.

Als Solo-Hiker - wie ich einer bin - ist man die gesamte Zeit auf sich selbst gestellt. Auch wenn der Wander-Alltag einem "normalen" Arbeitstag recht nahe kommt, (Wecker viel zu früh und Pausen auf Zeit) bin ich mein eigener Chef! Das schöne daran… ich lobe mich jeden Tag! Irgendwann realisiert man nämlich, dass man praktisch täglich eine Marathonstrecke zurück legt und dies am darauf folgenden Tag wiederholen wird! Da schläft man sehr zufrieden ein!

Ich könnt wahrscheinlich noch ewig weiter schreiben ohne zu wissen ob man mich wirklich versteht, doch ich kann nur jedem empfehlen einmal zumindest eine Mehr-Tages-Tour zu unternehmen. In Österreich hat man leider das "Luxus-Problem" der Berghütten. Man ist zwar perfekt versorgt, bekommt aber nie dieses Freiheitsgefühl wenn man abends immer in einem Schlaflager landet.

Mein Fazit:
Wenn man mit sich selbst gut zurecht kommt und nicht ständig Gesellschaft braucht ist Weitwandern eine einzigartige Therapie gegen unser modernes Stress-Leben… einfach mal probieren!!!

Happy Trails :-)

Sonntag, 27. Oktober 2013

Planungsfortschritte entlang des CDT

Die Planung geht voran und immer mehr Details kristallisieren sich heraus:
  • Distanz ~ 4.650km (mind. 250km mehr als am PCT)
    • Mexico ~ 1.060km
    • Colorado ~ 1.200km
    • Wyoming ~ 790km
    • Montana / Idaho ~ 1.600km
  • Zeitaufwand ~ 150 Tage (ca. 1 Woche länger als am PCT)
    • Start: 25. April am Crazy Cook Monument in New Mexico
    • Ende: Mitte September am Waterton Lake in Kanada
  • 25 Versorgungspunkte sind vorerst festgelegt (inkl. diverser Chiropraktiker!!!)
  • Einige alternative Routen (vor allem in New Mexico)


Die folgenden Karte erläutert die Route etwas näher!

Das war mein PCT... ohne Worte! (Oregon & Washington)