Freitag, 24. Juli 2015

"Groundhogday"

Etappe 18: Rawlins (~1.335mi) - Lander/Hwy28 (~1.455mi)

... oder "Täglich grüßt das Murmeltier"! Wer den Film mit Bill Murray nicht kennt... sehr empfehlenswert!!!

Auf jeden Fall ist es mir die letzten 3 Monate ab und zu wie Bill Murray ergangen. Ich wache in meinem Zelt oder Hotelzimmer auf und befinde mich wieder in der selben Situation wie vor einem Jahr. Den CDT erneut von ganz vorne zu beginnen war absolut die richtige Entscheidung! Es ist einfach toll, all diese beeindruckenden Gegenden ein zweites Mal zu durchwandern und dies auf eine ganz "entspannten" Art und Weise! Ich wusste stets was auf mich zukommen würde und konnte meinen Trip perfekt planen und umsetzten.

Ingesamt hab ich jetzt 2.000mi / 3.600km am CDT absolviert und werde nun Neuland betreten. Die nächsten 20mi kenn ich zwar noch, doch dann komme ich wirklich an jenem Punkt - auf dieser einsamen Schotterstrasse - vorbei, wo ich letztes Jahr eine meiner schwersten Entscheidungen treffen musste. Dieses Jahr geht es definitiv weiter... bis nach Kanada!

Bei all der Freude über die kommenden neuen Etappen, darf ich nicht auf den letzten Rückblick vergessen :-)
Die Durchquerung des Großen Beckens von Wyoming, dem "Great Basin", ist für viele Wanderer ein Dorn im Auge, denn Mitte Juli kann dies zu einer gewaltigen Tortur werden. Heuer hatte ich bereits so viel Regenwetter, dass ich mir nicht wirklich Sorgen machte, in der Wüste zu "verbrennen"... und ich behielt Recht.





Gemeinsam mit "G-Funk" war Team Österreich ein weiters Mal zügig unterwegs und wir genossen die moderaten Temperaturen. Der Start war jedoch etwas gebremst, denn kurz nach Rawlings hatte uns ein Gewitter zweimal regelrecht eingeschlossen und wir kauerten wie begossene Pudel am Boden. Anschließend war wir jeweils sauber durchgewaschen, jedoch hatten wir noch gar nicht so viel Dreck an unseren Klamotten.

Die große Herausforderung während dieser 4 Tagen ist es, irgendwie seinen Rhythmus zu behalten. Es ist zwischendurch derartig monoton, dass man ohne Probleme beim Marschieren einschlafen könnte. Eine Schotterstrasse ist gut 25km lang... praktisch absolut gerade aus... Schritt für Schritt die reinste Einöde! ... das kann dann auch für die Stammgäste dieser Region - Kühe - zu viel werden.



Die Rinderzucht ist für uns Wanderer in dieser Region ein großer Vorteil, denn die Landbesitzer haben ihre Wasserquellen eingefasst und mit Solarpumpen ausgestattet. Somit muss ich nicht wie in New Mexico schlammiges Wasser aus irgendwelchen Pfützen filtern, sondern kann es direkt von der Quelle beziehen :-)




Wolken und Regen haben vor allem schöne Nebeneffekte. Man bekommt wunderschöne Sonnenuntergänge...



... und beeindruckende Regenbögen zu sehen :-)


Der Autostop nach Lander war dann einer der leichtesten. Ich hatte gerade Zeit genug meinen SPOT-Massanger zu aktivieren und mein T-Shirt zu wechseln (die einzige Aktion die ich setzten kann, um etwas weniger zu stinken), als nach ca. 3 Minuten bereits das zweite Auto stehen blieb!!!
G-Funk wurde von der freundlich Hundebesitzern nur gefragt, "Habt ihr Waffen dabei?", und da wir ja als Europäer eher waffenlos unterwegs sind, hatten wir unsere Fahrt!
... und ich erneut meine Hundedusche!!!


Wenn man gemeinsam tagelang monoton durch die Steppe marschiert, entwickelt man so manch blöde Idee. G-Funk war in Rawlings ganz "stolz" beim Frühstück bereits 2.000kcal zu sich genommen zu haben und so beschlossen wir eine Herausforderung. Sobald wir Lander erreichen würden gäbe es eine McDonald's Frühstück-Challenge... mindestens 3.000kcal!
Was soll ih sagen... es war gar nicht so schwer. Zuerst sind wir übers Frühstücksmenü und anschließend über die Burger hergefallen und wenn man das Ganze mit viel Cola und Milchshake hinunterspült schafft man das "locker".
Ich war der Sieger mit 3.660kcal innerhalb einer Stunde!!! (noch lacht G-Funk...hehe!)


Ich habe nun einen ZERO genutzt, mich auf die kommenden Abschnitte vorzubereiten und bereits die Tage nach meiner Wanderung zu organisieren... Green Bay - ich komme!!!

Jetzt geht es in einen der schönsten Abschnitte am CDT. Zuerst durchquere ich die "Wind River Range" - eine der markantesten Bergketten der Rocky Mountains - und anschließend geht es durch den Yellowstone National Park!

Bis ich  wieder zu meinem Computer komme, werden jetzt sicher über zwei Wochen vergehen, doch ich versuche unterwegs von meinem Telefon aus zu bloggen.

Happy trails :-)

Donnerstag, 16. Juli 2015

Raus aus den Bergen

Etappe 17: Battle Pass/Riverside (~1.271mi) - Rawlins (~1.335mi)


An einem Montag Abend ist in Riverside wirklich nicht viel los, doch es wurde noch recht gemütlich. Sanjay ließ es sich nicht nehmen, jedem einzelnen in der lokalen Bar zu erklären, dass es mein Geburtstag sei. Als erstes "musste" ich gleich einmal das Glücksrad drehen und trank mit dem Barkeeper ein paar Shots. Dann forderte mich ein lokaler Ex-Marine im Billiard heraus. Ich konnte mein Können ein wenig verbergen, verlor etwas "unglücklich" 2:3 und wurde auf die nächsten Runden eingeladen. Hiker-Midnight - normalerweise sind wir ja spätestens um 21 Uhr schlafend im Zelt - wurde eindeutig überzogen, doch der Abend war echt gelungen :-)

Wyoming zeigte sich dann am nächsten Tag von vielen Seiten... ähnlich wie Colorado... wirklich weit entfernt war ich ja auch noch nicht. Somit gab es recht bald den üblichen Regen. Obwohl es nicht das normale Nachmittagsgewitter wurde, sondern erneut dieser nervige Dauerregen kurz vor erreichen des Camps.


Nach wirklich langer Zeit gelangen wir wieder einmal unter die Baumgrenze und bei strömenden Regen suchten Sanjay, G-Funk, Restless und Ich den ersten flachen Flecken in der Ebene. Ein flacher Schlafplatz ist ein Traum, doch der Regen hätte ruhig eine Stunde warten können, doch der Sonnenuntergang war dafür wunderschön.



Zurückblickend war die 40 Meilen lange Strassen-Etappe letztes Jahr die reinste Hitzeschlacht, über 35°C waren eine wahre Herausforderung. Umso entgegenkommender waren die Wolken am folgenden Tag. Die endlos wirkende Schotterstrasse nam einfach kein Ende...




Heuer brauchte ich jedoch keine Musik um mich voran zu treiben. Nachdem G-Funk (wie üblich) die offizielle und längere Route gewählt hatte, blieben Restless, Sanjay und Ich übrig, um uns tratschend die Zeit zu vertreiben.



Nach einer kurzweiligen Schönwetterphase kam innerhalb von wenigen Minuten der nächste Sturm auf. Recht beeindruckend, wenn man richtig zuschauen kann, wie der stärker werdende Wind immer mehr Rege und aufgewirbelten Sand direkt auf einen zubewegt. Wir befürchteten wirklich Schlimmeres und suchten Schutz in einem ausgeschwemmten Bachbett... ich fand sogar einen wirklich regensicheren Unterschlupf.



Während G-Funk mit Hagel zu kämpfen hatte, versuchte uns der Starkwind bloß ein wenig vom Kurs abzubringen. Doch so leicht lassen sich Thru-Hiker nicht beirren!!! Immer gerade aus geht es fleißig weiter!



Auch wenn der Wind nach einiger Zeit nachließ, suchten wir lieber einen möglichst geschützten Ort als Zeltlager. Viel Auswahl hatten wir nicht, doch ein weiteres Bachbett stellte sich als nahezu perfekt heraus. Der Abend war ruhig, wir lauschten Kojoten und freuten uns bereits auf die nächste Stadt.  



Die letzten 15 Kilometer waren dann kein Problem mehr, jedoch die Suche nach einem Hotelzimmer. Nach einiger Zeit fanden wir dann das praktisch letzte frei Hotelzimmer in Rawlins und die Entspannungsphase kann beginnen. Recht spontan habe ich mich dazu entschlossen, einen kompletten Ruhetag einzulegen. Auch wenn ich mich zur Zeit wirklich gut fühle, gönne ich meinen Füßen nach dieser "Strassen-Schlacht" eine Pause!
Team Österreich bleibt einen extra Tag und entspannt :-)

Happy trails :-)
 

Montag, 13. Juli 2015

Wyoming, baby!

Etappe 16: Muddy Pass/Steamboat Springs (~1.186mi) - Battle Pass/Riverside (~1.271mi)

Alles hat ein Ende und zum Glück auch Colarado! Bitte nicht falsch verstehen... ich liebe die Berge... doch die heurigen Schneemassen und die stets irre Anzahl an Höhenmeter rauben brutal viel Kraft. Ach ja... und da war ja auch noch dieses Wetter... ich kann keinen Regen mehr sehen!!! Anstatt der üblichen nachmittäglichen Gewitter gab's jetzt immer Morgenschauer zwischen 6 und 7 Uhr. Gerade passend, um NICHT in die Gänge zu kommen und erst wieder alles nass einpacken zu müssen... echt nervig :(
Zumindest gilbt es genug Sonnenstunden, um Alles wieder zu trocknen :)


Abgesehen davon präsentierten sich die letzten Kilometer von Colorado's schönster Seite! Vor allem die Blumenbracht ist zur Zeit ein Wahnsinn und es dominiert das Gelb meiner Banana Pants :-)


Wyoming zu erreichen war heuer ein richtiges Vergnügen! Letztes Jahr war dies praktisch meine vorgezogene Ziellinie, über die ich mich sehr mühsam gequält hatte. Insgeheim wusste ich damals bereits, dass der Trail zu Ende war. Ich kämpfte mich nur noch einige Tage weiter, da ich im Flachen dazu imstande war.
Heuer ist es ganz klar nur ein Zwischenziel!!! Eines, dass sich umso schöner feiern läst, da ich es sogar noch vor meinem Geburtstag erreichen konnte und den Mittelpunkt meiner Wanderung darstellt!!!


Heute morgen hatte ich dann zusätzlich noch einen traumhaften Sonnenaufgang, den ich ganz gemütlich von meinem Zelt aus genießen konnte - der perfekte Start in einen Geburtstag!


15 gemütliche Kilometer später, die fast nur aus überschwemmten Wiesen bestanden, erreichte ich den "Battle Pass", das erste Zeichen von Zivilisation in Wyoming.
Bereits letztes Jahr plagte ich mich mit einem Autostop, da die Straße nach Riverside nicht wirklich viel genutzt wird... warum auch... wer fährt schon nach Riverside?
Ich saß nun da, mit Blick auf die Serpentinenstraße, um eine gewisse Vorlaufzeit zu haben. Würde ich ein Auto sehen, hätte ich noch ca. 3 Minuten, um mich ordentlich zu präsentieren, bis es am Pass vorbei kommen würde. Umso überraschter war ich dann als plötzlich nach über 35 Minuten warten ein Auto um die Kurve kam. Ich war gerade barfuß, auf der Suche nach trockenen Socken in meinem Rucksack und konnte nicht einmal richtig meinen Daumen in die Höhe strecken, doch der nette Einheimische blieb sofort stehen. Die anschließende Fahrt war dass etwas Besonderes. Wahrscheinlich der einzige Hitch, bei dem ich am Ende schmutziger war als am Anfang... als Thru-Hiker nicht leicht!!! Der PickUp war die reinste Müllhalde und drei ausgewachsene Hunde gaben mir eine "Dusche" die sich ausgezahlt hat. Noch nie bin ich so begeistert abgeschleckt worden - so ein salziger Schweiß ist schon schmackhaft :))


Danke für all die herzlichen Glückwünsche und auf bald in Rawlins!
Happy trails :-)
(ein Jahr reifer und dennoch am Trail unterwegs)

Donnerstag, 9. Juli 2015

Dauerregen

Etappe 15: Grand Lake (~1.113mi) - Muddy Pass/Steamboat Springs (~1.186mi)


Kaum war der Feiertag (4.Juli) vorbei, näherten sich die Regenwolken unaufhaltsam. Der Morgen in Grand Lake war noch recht angenehm und somit ging es dann auch wieder weiter... hätte es geregnet, wär ich gleich noch einen Tag geblieben.

Nach einem kurzen Check durch zwei Park Ranger, deren Befragung Sanjay und ich perfekt überstanden - als Thru-Hiker ist man doch etwas besser für die Wildnis geeignet als so mancher Tagestourist!!! - ging es stetig bergauf... direkt in die Regenwolken. Die weiße Wand kam über den Bergkamm, schloss uns ein und sollte und praktisch die kommenden Tage nicht mehr loslassen :(





Wandern im Regen ist nicht das Schlimmste, doch kampieren macht definitiv keinen Spass! Man sitz wie ein begossener Pudel herum und fragt sich nur... WARUM?


Die kleinen Nager kommen mit dem Wetter eindeutig besser zurecht. Vor ein paar Tagen hat mir so ein "Quälgeist" doch tatsächlich mein Taschenmesser geklaut. Mir blieb nichts anderes über, als mit einem gezielten Steinwurf (mitten zwischen seine Augen) mein Eigentum zurück zu erkämpfen!


Die Sicht vom letzten hohen Gipfel für die nächsten Wochen war sehr bescheiden, doch wir konnten wenigsten die verlassene Schutzhütte für eine Pause nutzen. Mit vielen positiven Gedanken ging es dann im Dauerregen weiter. Übrigens... Pizza steht bei uns Allen ganz oben auf der Gedanken-Liste!!!




Am Ende des zweiten Tages war meine Ausrüstung völlig durchnässt. Mein Rucksack dürfte sein Prädikat wasserdicht doch ein wenig verloren haben :( Meine Daunenjacke war bis auf ein Häufchen Elend zusammen gegangen, meine Reserve-Klamotten saugten den Rest des Regenwassers auf und der Schlafsack war vom nächtlichen Kondensat durchfeuchtet... einfach traumhaft!


Zum Glück war am dritten Tag bereits Hoffnung in Sicht! In Form einer Nachricht von einem ehemaligen Wanderkollegen (dem ich letztes Jahr kurz begegnet bin), dass er mittlerweile in Steamboat Springs wohnt, uns übernachten lässt und sogar vom Pass abholen würde!
Nach 9 Meilen Asphaltstraße, die im Regen nicht viel lustiger ist als der Wald, erreichten wir Muddy Pass und "Saminole" wartete bereits :-)


Ab jetzt gilt es, alles trocken zu legen!!! Klamotten, Ausrüstung... selbst die Rucksäcke werden gewaschen.



Ein ganz großes Dankeschön an Austin (Saminole), Katie and River. River ein 10 Wochen alter Golden Retriever ist definitiv der Star... den ganzen Tag lang!!!



Happy trails :-)

Moos SPEZIAL

Hier nun die versprochene Moos-Geschichte:

Auf den letzten Meilen nach Grand Lake durchquerte ich für kurze Zeit den Rocky Mountain N.P. - gerade einmal den südwestlichsten Zipfel. Eigentlich hielt ich Ausschau nach Weißkopfseeadlern, die in einem geschützten Revier brüten sollten. Immerhin war ja "Independence Day Weekend" und da würde sich das Wappentier der USA geradezu anbieten.
Als ich ein paar Adler-Rufen folgte, bemerkte ich direkt neben mir am Trail ein lautes Krachen im Unterholz und dachte zuerst nur an ein aufgescheuchtes Reh, doch als ich meinen Blick nach rechts schweifen ließ, war ich sprachlos...


... aus 15 Meter Entfernung starrte mich ein ausgewachsener Moose-Bulle an!
Ich schaute mich kurz um, ob ich eine Mutter mit Kind entdecken würde, denn diese Kombination wäre definitiv gefährlich gewesen, doch ich konnte nur den Bullen ausmachen und entschied mich, ihn ebenso anzustarren. Nach ungefähr einer Minute "Bockschauen" hatte ich gewonnen!!!
Völlig unbeeindruckt von mir - mein Gestank nach über 5 Tagen im Wald dürfte mich als Mensch getarnt haben - frass er weiter das saftige Gras. Der Bulle kreuzte meinen Pfad und hielt stets den Blickkontakt aufrecht als ich plötzlich ein weiteres Krachen (diesmal hinter mir) hörte. Ein zweites Moose kam näher! In kürzester Zeit stand ich somit zwischen (!) zwei ausgewachsenen Bullen, die mich ebenso beobachteten wie ich sie!
Ich folgte dem ersten Moose auf seiner Suche nach dem besten Grünzeug, bis er nach ca. 15min im dichteren Wald verschwand.


Von der tollen Situation beeindruckt wollte ich nochmals das zweite Moose beobachten. Es stand praktisch noch immer am gleichen Fleck herum und schaute völlig gelangweilt in der Gegend herum. 
Ich stand ebenso nur da und hoffte, dass auch dieses Moose den Trail kreuzen würde und ich vielleicht ein noch besseres Foto ergattern könnte. Mein Wunsch ging in Erfüllung, doch plötzlich dachte sich das "faule" Tier... "Warum soll ich nicht diesen schönen Weg benutzen!"... und kam direkt auf mich zu!
15 Meter... 12 Meter... 10 Meter... verdammt, dem bin ich völlig egal! 


Im wahrlich letzten Moment trat ich gerade einmal 5 Schritte zur Seite und ließ diesen gewaltigen Bullen gemütlich bei mir vorbei trotten. Alles ging so schnell, dass dieses Parade-Foto leider nicht ganz scharf wurde :(


Völlig fassungslos beobachtete ich dieses Prachttier noch ein paar Minuten und bedankte mich anschließend, dass ich diesen Moment erleben durfte.


Happy trails :-)