Donnerstag, 28. Juli 2016

Was kann das noch retten?

Etappe 11: Hanover - Gorham/New Hampshire
86,39% (1.891 von 2.189 Meilen)

Ruhe, Entspannung, Füße hochlegen...
Ich bin mehr als nur fertig. Meine Knie haben von New Hampshire echt die Schnauze voll und wegen einer anhaltenden Magenverstimmung kann ich leider auch keine Schmerzmittel schlucken. Somit setzte ich alles auf eine Karte, "verbrauche" meine letzten zwei zeitlich vertretbaren Zero-Tage und hoffe, dass ich wieder meinen Rhythmus finden werde.
Rhythmus? Trail? Nichts davon war in New Hampshire zu finden und dies wird sich in Maine wahrscheinlich nicht wirklich ändern. Langsam frag ich mich wirklich zu oft warum ich diesen AT machen musste? Schon klar... ich will die Triple Crown haben... doch das mich der letzte Trail emotional so dermaßen kalt läßt und Tag für Tag mehr nervt, ist mehr als nur schade. So viele Wanderer die ich die letzten Jahre bezüglich des AT befragt hatte, gaben mir schlussendlich immer die Hoffnung, der AT wäre durchaus etwas Besonderes, auch wenn er nicht ganz mit den anderen  beiden großen Wegen vergleichbar wäre.
Nun bin ich fast 1.900 Meilen gewandert, hab den so hoch gepriesenen Norden erreicht und frage mich noch immer, "Wann wird's endlich besser?" In den White Mountains? Sicherlich nicht! Ich muss zwar zugeben, dass ich sogar kurz einen Moment der Zufriedenheit verspürte als ich Mutterseelenallein bei leichtem Regen die letzten 5 Meilen über der Baumgrenze zur "Lake of the Cloud Hut" unterhalb des Mt. Washington marschiert bin. Unglaublich! Doch 2,5 Stunden innerhalb von 3 vollen Monaten sind für mich keine Basis für eine AT-Freundschaft.
Den Trail als technisch anspruchsvoll zu bezeichnen ist eine Sichtweise, ich würde eher das Prädikat "Pervers" vergeben. Eine Kombination aus Steilheit, glattem Fels, hohen Stufen und Schlamm ergeben einen perfekten Knochenbrecher.



Der Wettergott hat es zumindest einmal gut mit uns gemeint, am Mt. Lafayette hatten wir unseren 360° Rundblick, den wir mit zwei oder drei Tagesausflüglern teilen durften.


Der Höhepunkt - Mt. Washington - präsentierte sich uns (wie auch leider vielen anderen Kollegen) jedoch im dichtesten Nebel. Damit kann ich leben, denn im Hochgebirge (1.917 m... naja) ist das Wetter natürlich stets unberechenbar, doch einen motivierenden Moment hätte ich schon gebrauchen können.


So... viel mehr blog-tauglicher Text fällt mir jetzt nicht mehr ein und ich glaub, dass ich nicht zu viel positive Energie fürs Schönreden in diesem Blog verbraucht hab, sondern die restliche Power lieber in den letzten Bundesstaat Maine stecke und mein Ziel hoffentlich so schnell wie möglich erreiche, denn ich will einfach nur mehr raus hier.

Wahrscheinlich liegt meine negative Stimmung auch darin verwurzelt, dass ich in kurzen schwarzen Shorts marschiere. Meine Banana Pants sind aber stets im Rucksack dabei und werden spätestens für den Schlussanstieg wieder rausgeholt! Mit einem gestellten Lächeln verabschiede ich mich von New Hampshire.
Happy trails :-)

Dienstag, 19. Juli 2016

Falsche Vorfreude / Echter Sirup

Etappe 10: Pittsfield - Hanover/New Hampshire
79,81% (1.747 von 2.189 Meilen)

Die letzten drei Bundesstaaten werden endlich die erhoffte Veränderung bring - dies ist jedenfalls die Aussage, die ich stets bekommen habe. Dementsprechend groß war meine Vorfreude auf Vermont, nebenbei das Zentrum der Ahornsirup-Gewinnung!

Bereits am Tag nachdem ich Pittsfield verlassen hatte, kam ich an die Grenze von Massachusetts mit Vermont und stand zugleich am Start des "Long Trails". Dieser älteste Weinwanderweg Amerikas verläuft über 400km durch Vermont und ist für die ersten 160km identisch mit dem Appalachian Trail. Das Wetter änderte sich nicht wirklich, Regenschauer produzierte wieder reichlich Schlamm, doch plötzlich befand ich mit in einer anderen "Bubble" wieder, jener der Long Trail Wanderer, die nun zusätzlich durch den Matsch pflügten und die Hütten und Campingplätze belagerten.


Man möchte meinen, dass dieses Teilstück dafür extrem gepflegt wird, doch dies ist eher weniger der Fall... sehr oft verwachsen und mit Stegen an Stellen wo man sie nicht wirklich braucht. Ich für meinen Fall bin bloß heilfroh, dass ich mit Wanderstöcken unterwegs bin! Ohne deren sprichwörtliche Unterstützung wäre ich ganz schön oft auf der Schnauze gelandet!

Zum Glück gibt es aber dann doch die Ausnahme der Regel und man befindet sich plötzlich auf einen schöneren Abschnitt wieder, auch wenn der grüne Tunnel noch immer das Bild prägt. 
Neben Kanada ist Vermont in den USA die Hochburg des Ahornsirup. Viele Leute geben sich vielleicht mit einer gewissen Art von Zuckerwasser-Imitat zufrieden, jedoch nicht die Menschen in Vermont... hier gibt es nur das ECHTE Zeugs, das auch wirklich vom Zucker-Ahorn Baum stammt! Heutzutage werden dazu unzählige Bäume angezapft, mit einem beachtlichen Netz von Schläuchen verbunden und der Saft zentral abgepumpt.


Das es nun wirklich langsam ernst wird, wurde mir vor zwei Tagen bewußt, als ich ich plötzlich die 500-Meilen-Marke erreicht hatte... ein Countdown der neue Energie bringt!
Vermont hat sich also noch nicht als die große Veränderung herausgestellt, doch nun folgt New Hampshire und die dort befindlichen White Mountains. Somit ist es wirklich bald soweit, ich werde "echte" Berge sehen und über die Baumgrenze gelangen. Es wird auch wirklich Zeit, denn sonst dreh ich noch langsam durch in diesem grünen Tunnel.
Also ab zu den Bergen! 
Happy trails :-)

Dienstag, 12. Juli 2016

New York City - SPEZIAL

Nach 17 Jahren war es wieder an der Zeit, dass ich mir New York City anschaue. Zuletzt war ich ja 1999 gemeinsam mit meinem Studienkollegen Andi für ganze 10 Tage in "The City" gewesen und hatte unter anderem die Gelegenheit die Twin Towers zu besteigen. Nun wollte ich wissen, wie es an Ground Zero aussieht und wie sich die Stadt im allgemeinen verändert hat. 

Der AT kommt direkt bei der Metro-Nord Zugstrecke vorbei, mit der man in 90 Minuten in Manhattan ist. Diese Gelegenheit konnte ich nicht ungenutzt lassen!
Und so fand ich ich mich plötzlich zur Rushhour in der Grand Central Station wieder, dem Hauptverkehrsknoten in Downtown Manhattan... was für ein Kulturschock!!!
Jedoch brauchte ich nicht lange, um mich im anonymen Großstadtjungel durchzuwuseln und konnte bald auf der Dachterrasse meines Hotel das Lichtermeer bestaunen.

Pflichtbesuch war nun also das neue One World Trade Center! Im Vordergrund die imposante Eingangshalle der Metro Station.



Danach ging es ins Naturhistorische Museum, um wenigstens für ein paar Stunden der Affenhitze zu entkommen. Modern wie ich bin nutze ich die Selbstregistrierung (Terminals auf der rechten Seite), anstatt mich für 45 Minuten in der Schlange anzustellen... hehe!
Die Nachmittagshitze war dann erträglich genug um das neue Highlight von Manhattan zu erlaufen... die "High Line". Eine ehemalige Hochbahntrasse, die zur Flaniermeile umgestaltet wurde, mit viel Grün und cooler Aussicht auf die stressige Stadt... Fernsehen einmal ganz wörtlich genommen!

Für einen perfekten Besuch der Stadt fehlte mir dann jedoch noch ein Pflichtstop beim Empire State Building!
Der Stil und die Klasse, die dieses Gebäude ausstrahlt kann einfach von keinem modernen Gebäude kopiert werden und so ist man dann als Tourist auch blöd genug, 52$ zu bezahlen, um auf der höchsten Besucherplattform der Welt zu stehen.




Für meinen Geschmack war das ein perfekter Tag in der City :) Am nächsten morgen hatte ich noch genug Zeit um ein wenig durch die Straßen zu schlendern, kurz beim Central Park vorbei zu schauen und rechtzeitig bei Regenbeginn wieder im Zug stadtauswärts zu sitzen.
New York City... immer einen Besuch wert!
Happy trails :-)

New England - der Ursprung Nordamerikas

Etappe 9: Hamburg/Pennsylvania - Pittsfield/Massachusetts
71,68% (1.569 von 2.189 Meilen)

Seit dem letzten Blog ist viel Zeit vergangen, viele Meilen wurden abgespult und einige Staaten sind Geschichte... und das ist gut so :)
Ich bin mittlerweile fast am Ende von Massachusetts und das bedeutet, dass ich Pennsylvania, New Jersey, New York und Connecticut bereits abhacken konnte. Wenn man ein gewisses Tempo entwickelt (welches RB und ich definitiv im Vergleich zu vielen anderen haben) dann ist es schon komisch wenn man praktisch alle 3 Tage einen neuen Staat durchläuft. Ich bin nun in den Neuengland-Region angekommen, jener Region im Nordosten der Vereinigten Staaten, wo die englische Kolonisierung im 17 Jahrhundert begann und 1776 mit der Unabhängigkeitserklärung die Geburtsstätte der USA darstellt.

Um nun überhaupt hierher zu kommen mussten wir erst einmal das absolut nervige Pennsylvania mit all seinen Steinen überstehen, nur um wenig später drauf zu kommen, dass New Jersey und New York nicht weniger anstrengend sind.

Mythos Nummer 1:
Warum jeder immer nur über PA schimpft und NJ und NY dabei völlig unter den Tisch fallen läßt werd ich nie verstehen!



Mythos Nummer 2:
Am Appalachian Trail wird man praktisch fast jeden Tag mit Trail-Magic verwöhnt!

Lage Zeit war dieses Punkt nicht einmal annähernd ein Thema... Trail-Magic? Wo?
Hauptsächlich dürfte dies an unserem relativ späten Startzeitpunkt gelegen haben. Wir sind immer hinter der Meute hinterher gelaufen und hatten nie was abbekommen. Als wir dann die "Verrückten" überholten, dürften wir einfach nur Pech gehabt haben und jetzt sind wir wieder zu weit vorne. Wie man sieht, ist das eine Wissenschaft für sich.
Zum Glück wurden wir aber ausgerechnet in New Jersey richtig verwöhnt, dort wo wir die Trockenheit dieses Jahres am meisten zu spüren bekommen haben. Richtig gehört! Trotz der regelmäßigen Gewitterschauer ist es verhältnismäßig trocken und viele Wasserquellen unbrauchbar!!!
Umso schöner, wenn man dann gegen 10 Uhr vormittags plötzlich Burger, Hot Dog, etc... als zweites Frühstück bekommt :)



Solche großen Überraschungen sind natürlich etwas Besonderes, doch bei der Wasserknappheit sind vor allem die kleineren Versorgungspunkte ein Segen! ... bin mir fast schon wie in Südkalifornien vorgekommen!



Wenn man nur oft genug jammert dass es keine Aussicht gibt, wird man wenigstens irgendwann umso mehr eines besseren belehrt. Eigentlich war es nur ein kurzer "4. Juli-Pflicht-Fotostop" bei einer Flagge als ich in der Ferne plötzlich Häuser erkannte... große Häuser... eher schon mächtige Hochhäuser... verdammt! da sieht man ja New York City!!!

Bei all dem Dunst am Foto nur schemenhaft zu erkennen, doch mit freiem Auge war das schon ein grandioser Anblick, da ich vor allem New York nie mit grünen Hügeln in Verbindung brachte.
Als ich denn Hudson River überquerte, hatte ich nebenbei auch den offiziell niedrigsten Punkt am Trail erreicht... praktisch Meeresspiegel!

Zum Thema New York City gibt's gleich noch einen eigenständigen Blog...

Zurück am Trail fand ich mich plötzlich ganz alleine, denn anstatt eines gemütlichen Stadtbummels hatte RB (ebenso wie Fun Size und Pie) die Connecticut-Challange gemacht... 51 Meilen (über 80km!!!) in einem Tag, inklusive perversem Höhenprofil und Hitzeschlacht. Absoluten Respekt!!! Mir war das viel zu blöd gewesen.
Ich hingegen hab mir zwei Tage später die Straßenkarten angeschaut und bin viele Meilen des Trail aus Sicherheitsgründen umlaufen, denn bei Dauerregen und Nebel wollt ich nicht schon wieder meine Knochen über unzählige steile Steinpassagen quälen und zu viel riskieren.
Für mich war Connecticut somit eine recht monotone Angelegenheit, die jedoch von unzähligen Moskitos, Black Flies (Kriebelmücken), Horse Flies und Deer Flies (beides Bremsen) zu Qual wurde. Alles was hier herumfliegt sticht oder beißt... was für ein Spass!!! Kein Wunder bei so viel sumpfigen Gegenden, wo sich anscheinend nur Biber wohl fühlen, sich jedoch nie blicken lassen.




Nach einem entspannten Zero-Tag werd ich mich jetzt den letzten 620 Meilen widmen und versuchen RB einzuholen, der noch einen ganzen Tag Vorsprung hat. Laut Plan hab ich noch genau ein Monat Zeit... langsam wird's ernst :)
Happy trails :-)