Sonntag, 26. Juni 2016

Halbzeit und ein wenig mehr!

Etappe 8: Front Royal - Hamburg/Pennsylvania
55,62% (1.218 von 2.189 Meilen)

Grüße aus Hamburg, jedoch jenem in Pennsylvania! 400 weitere Kilometer sind geschafft seit wir vor 10 Tagen den Shenandoah N.P. hinter uns gelassen haben. Einen großes Meilenstein haben wir gleich zweimal gefeiert... den Halbzeitpunkt. Zuerst einmal in der Stadt Harpers Ferry  bei der Appalachian Trail Conservancy (kurz ATC) wo wir uns ein weiteres Mal offiziell registrierten. Schon beim Start am Springer Mountain trugen wir uns in ein Buch ein und wahren damals die Nummern 1675/1676. Nach nun fast zwei Monaten am Trail waren wir 771/772 und hatten somit über 900 Wanderer überholt (das sind mehr als am PCT im Jahre 2012 in Summe gestartet waren) und wir wurden mit großen Augen bewundert :)



Die Stadt selbst war leider ein weiters Mal etwas enttäuschend. Der geschichtliche Hintergrund bezüglich des Amerikanischen Bürgerkrieges ist in dieser Region förmlich zu spüren (mehr Wissen werde ich mir in Bälde mittels Hörbuch aneignen), doch den Leuten wird das Geld sprichwörtlich aus der Tasche gezogen, die Unterkunft war furchtbar überteuert und zu Fuß war nicht viel zu erreichen. Als wir die Stadt verließen, kamen wir bei zwei Ranger(innen) vorbei, die Touristen mittels großer Karte den AT präsentierten, jedoch hatten sie selbst nicht wirklich ein Ahnung worüber sie eigentlich redeten. 


Kurz darauf feierten die Amerikaner ihren Vatertag (eine Woche später als bei uns), viele von uns gleichzeitig die Grenze zwischen Maryland und Pennsylvania und wenig später ich dann den rechnerischen Halbzeitpunkt für das Jahr 2016 (verdammt war's zu diesem Zeitpunkt wieder schwül). Dieser Punkt wird tatsächlich Jahr für Jahr verschoben, da der Trail mit immer mehr hinzugefügten Serpentinen stets etwas länger wird.



Ein ganz persönliches Highlight für mich war dann die Ankunft in der Kleinstadt Duncannon, deren Blütezeit auch schon lang vorüber ist. Das Hotel Doyle war mit Abstand  die schäbigste Absteige in der ich jemals - und ich meine wirklich JEMALS - abgestiegen bin... und es wundert mich noch immer, dass wir heil, d.h. ohne Bettwanzen davon gekommen sind!!!

Nein, mein Highlight war, dass ich #2 wieder getroffen habe, jenen Wanderkollegen mit dem ich gemeinsam den CDT beenden durfte! Er ist gerade mit seiner Freundin als Sektionswanderer unterwegs und versucht mit stetigem Understatement  zu verbergen, dass er bereits ein Triple Crowner ist.
Pennsylvania bestätigt in zwei Punkten alle Vorhersagen. Erstens ist er eindeutig flacher als die vorhergegangenen Bundesstaaten, diese irrsinnigen Höhenmeter-Orgien der ersten Wochen sind vorerst vorbei und zweitens ist es wirklich ganz schön steinig geworden. Nicht gerade Lustig für Knöchel & Co und vor allem für die Fußsohlen wenn die Schuhe schon völlig ausgelatscht sind.
Dann greifen wir "Weitenderer-Profis" (und damit meine ich nur RB und mich) auf das Wissen zurück, eine Karte lesen zu können, denn dann findet man immer wieder schnurgerade Schotterstrassen, parallel verlaufend zum Trail. Der AT darf diese offiziell nicht nutzen, da es ja ein "Foot travel only"-Wanderweg ist und man auf der Strasse fahren und reiten darf, doch das bedeutet ja nicht, dass wir so stur und blöd sein müssen... hehe!!!

Wir folgen damit ja auch nur unseren neuen Lieblingen, unseren Vorbildern, unseren Helden, unseren Schildkröten!!!
In Hamburg gibt es den größten Jagd-Ausrüster-Laden von ganz Amerika...einen Cabela's Megastore!
Wer Angelruten, Jagdbögen oder Waffen aller Art benötigt ist hier am besten aufgehoben. Als Wanderer fühlt man sich ein wenig verloren, doch die Präsentation von ausgestopften Wildtieren ist mehr als nur beeindruckend. Für mich war es mehr ein Besuch in einem naturhistorischen Museum.


Zu Abschluss gibt's noch einen Eindruck wie wir unseren Zero-Tag in Hamburg so gestalten. Glücklich, dass wir überhaupt ein Zimmer im einzigen Motel der Stadt ergattern konnten (zwei Hochzeitsgesellschaften an einem Wochenende!!!), hat jeder so seine eigene Ordnung und irgendwie landet am Schluss wieder alles im jeweiligen Rucksack... schon erstaunlich.
Happy trails :-)

Dienstag, 14. Juni 2016

Shenandoah und seine Geheimnisse

Etappe 7: Waynesboro - Front Royal/Virginia
44,27% (969 von 2.189 Meilen)

Es gibt in den USA viele Nationalparks, einige sind weltberühmt, manche sind atemberaubend und eine geringe Anzahl ist so lala. Ich möchte den Shenandoah N.P. jetzt nicht zwangsweise in letztere Kategorie stecken, doch er tendiert schon eher in diese Richtung. Bitte nicht falsch verstehen, doch es gibt eindeutig spannendere Ecken auf unserem Globus. Der Blue Ridge Parkway führt autofahrende Touristen entlang dieser Panoramastrasse durch den Park und da es auf der Strasse mehr Aussichtspunkte gibt als auf dem parallel verlaufenden AT, haben RB und Ich diesen auch des öfteren verwendet. Nicht gerade der offizielle Weg, doch für uns eine angenehme Abwechslung, auch wenn der Ausblick wie soft stets der selbe war (eigentlich sogar der gleiche!!!)

Da fällt es einem leichter, sich auf die kleineren Dinge zu konzentrieren, vor allem in Sachen Tierwelt.
Die sonnenbadende Schildkröte, die versucht auf einem Blatt durch den Wald zu surfen ist noch vor dem Park gesichtet worden, doch sie musste einfach erwähnt werden!
Eidechsen sind wahrscheinlich weit häufiger vorhanden, jedoch kann man sie im dichten Wald fast nie sehen. Im vergleich dazu liefen sie mir in New Mexico praktisch jeden Tag direkt über die Schuhe.
Antias Luna oder Luna Moth ist wohl die größte Motte, die ich je in natura gesehen habe... fast 10 cm in der Breite!
Der Rotkardinal, der Staatsvogel von North Carolina, ist wirklich nicht leicht vor die Linse zu bekommen, doch die enorme rote Leuchtkraft seines Federkleides beeindruckt sogar mich, der nicht gerade der leidenschaftlichste Beobachter von Singvögeln ist.
Diese kleine Maus hat RB und mich wirklich überrascht, als sie plötzlich nur wenige Zentimeter neben einem Trinkbrunnen saß und sich von uns nicht wirklich stören ließ.
Vor allem die Rehe im Nationalpark sind wirklich an all die Besucher gewöhnt. Völlig entspannt und mit Essen beschäftigt war es diesem Exemplar egal, dass ich in einem Abstand von gerade einmal einem Meter an ihm vorbei marschierte.
Und dann sind da ja noch die Schwarzbären, die wirklich präsent sind. Mittlerweile sehen wir täglich einen Bären, der einen einfach nur von der Distanz aus beobachtet oder neugierig durch die Landschaft trottet. Immer wieder ein spannender Moment!
Ein schönen Wiedersehen gab es mit einer lieben Wanderkollegin, mit der ich einige Tage am PCT unterwegs gewesen bin... "Jugs"!
Sie hat mich mit einem Trail-Magic-Frühstück überrascht, mich ein paar Kilometer entlang des Blue Ridge Parkway begleitet und wir konnten alte Geschichten aufleben lassen. Ich wünsche ihr viel Spass am CDT, den sie in zwei Wochen von Kanada Richtung Mexico durchwandern wird!
Nebenbei möchte ich mich auch einmal bei all den freiwilligen Helfern bedanken, die den AT (wie auch alle anderen Weinwanderwege) in deren Freizeit für uns Wanderer pflegen. In diesem Fall... Danke Wayne!
In Kürze werde ich Virginia (mit der größten Teilstrecke des AT) hinter mir haben. Es gebe die Möglichkeit eine 4-State-Challange zu machen, was bedeutet, dass ich innerhalb von nur einem Tag die Bundesstaaten Virginia, West Virginia, Maryland und Pennsylvania betreten würde. Da sich jedoch das Hauptquartier der Appalachian Trail Conservancy in West Virginia befindet und man inoffiziell Halbzeit feiert, werden wir dort einen kurzen Zwischenstopp machen.
Das nächste Mal melde ich mich dann irgendwo aus Pennsylvania. Dis dahin stärke ich mich noch schnell!
Happy trails :-)

Freitag, 10. Juni 2016

Wieder auf Kurs

Etappe 6: Daleville - Waynesboro/Virginia
39,32% (861 von 2.189 Meilen)

Beim letzten Bericht war ich gegen Ende doch ganz schön genervt und hab meinen Computer gleich einmal zum über-übernächsten Postamt geschickt. Somit hab ich jetzt zwar keine große Bildauswahl, doch für einen kurzen Zeischenbericht mittels Smartphone reicht es auf jeden Fall.

Die erste Nacht nach Daleville hat uns ein heftig Gewitter fast die gesamte Nacht durchgerüttelt und ich war nach drei Nächten am Stück mit wenig Schlaf ganz schön fertig, sodass ich RB ziehen ließ und meinen eigenen Rythmus gehen musste. Bis heute kann ich mir nicht wirklich erklären wie dieser restliche Tag verlaufen ist, doch eine gesamte Haribo-Gummischlangen-Packung und einige Elektrolyt-Getränke später war ich plötzlich wieder ein paar Minuten vor RB!?!?! Bin anscheinend den gesamten Nachmittag ohne wirkliche Pause auf "Autopilot" dahin getrottet 🤔
Die folgende Nacht schlief ich dann wie ein Baby und seither geht's wieder voran!


Bezüglich eines bestimmten Themas gesteh ich offiziell ein, dass ich da einfach nicht mit RB mithalten kann! Welches? Autostoppen! Ich geh jetzt nicht weiter ins Detail WARUM und WIE und WESHALB, ich versteh es ja selbst nicht... in Zukunft halte ich mich dezent im Hintergrund und genieße den Vorteil, mitfahren zu können 😜

Es wird merklich wärmer und wärmer, doch zum Glück begleitet uns die letzten Tage stetiger Wind und ich hab sogar am letzten Abend trocken (!) unser Lager erreicht... unglaublich!
Eine tolle Bären-Beobachtung hab ich mit einem kleinen Video (auf FB zu sehen) festhalten dürfen. Eine Bärenmutter saß mit ihren zwei kleinen Cubs direkt neben dem Trail. Im Nu krabbelten die Kleinen einen mächtigen Baum hoch, der dann von der Mutter eisern verteidigt wurde. Sie starrte uns bloß an und uns war klar, dass wir nicht näher durften. Ansonsten war die Situation jedoch völlig entspannt und nach ein paar Fotos war wir auch schon wieder weiter.

Morgen gehts nun in den Shenandoah National Park... jeden Tag werden wir bei einen Geschäft vorbei kommen oder sogar bei Restaurants Steaks essen können... Schlaraffenland!!!
Da die Wettervorhersage bis zu 35 Grad ankündigt, habe ich vorgesorgt... keine permanente Änderung sondern nur eine Option... "Banana Shorts" 🙄
Happy trails :-)

Freitag, 3. Juni 2016

Ganz schön genervt

Etappe 5: Damascus - Daleville/Virginia
33,26% (728 von 2.189 Meilen)

Ich sitze hier nun seit über eineinhalb Tagen in Daleville herum, starre an die Decke meines Motelzimmers und versuche einen Text für meinen aktuellen Blog zu finden. Ich habe mir geschworen, dass ich nicht immer über die monoton gleiche Geschichte berichten will, doch auf der anderen Seite soll es doch auch immer eine ehrliche Situationsbeschreibung sein. Also, heute ist definitiv nicht mein Tag... ich bin als "Grumpy Old Man" unterwegs... ich überleg nur noch ob ich eher Walter Matthau oder Jack Lemmon sein will?

Die letzten zwei Etappen waren - was für eine Überraschung - wie all die anderen Abschnitte zuvor... Wald rauf und runter... bis der Tag zu Ende ist! Es ist wie im Fitnesscenter, man geht zum Workout, macht immer die selbe Routine und geht wieder nach Hause, nur das die Einheit 13 Stunden dauert.
Hinzu kommt mittlerweile, dass es an die 30 Grad heiß ist und ich somit bei einem (wie soll ich es beschreiben?) unerträglichen Level des Schwitzens angekommen bin! Zum ersten mal überhaupt (EVER!!!) bin ich untertags stehen geblieben, um nicht nur mein T-Shirt auszuwringen (das mach ich sowieso an die 10 Mal pro Tag), sondern um dies mit meiner Unterhose zu machen! Ekelhaft!!!

Wenn ich meine Fotos und kleinen Handvideos sichte, bemerke ich, daß ich doch so einiges erlebt habe worüber ich berichten sollte...
Natürlich ist das WIFI in meinem Motel ein weiteres Mal derartig schlecht, dass ich keine Videos hochladen kann... anscheinend sind die Amis noch nicht drauf gekommen, dass der Bedarf in den letzten Jahren "etwas" gestiegen ist.

Bezüglich Landschaft habe zumindest den "McAfee Knob" erreicht, den einzig wahren Aussichtspunkt am gesamten AT. Theoretisch könnt ich ja jetzt aufhören, denn viel mehr Spektakuläres wird nicht mehr kommen, doch so einfach mach ich es mir nicht!
Bezüglich Tierwelt ist einiges mehr passiert!
Ich hab zum Beispiel meinen ersten Racoon (Waschbären) gesehen. Zuerst dachte ich mir, dass das aber ein ganz schön übergewichtiges Eichkatzerl ist, denn von denen sehe ich pro Tag an die 500(!!!), sie sind einfach überall, doch dann konnte ich zumindest soweit mit meiner Kamera heran zoomen, dass man schön die schwarz-weiße Gesichtszeichnung erkennen kann.
Und ich hab meinen ersten Bären getroffen, der nicht gleich vor lauter Panik davon gelaufen ist! Auf Facebook kann man ein kurzes Filmehen von ihm anschauen, wie er ganz gemütlich dahin trottet :-)
Gerne hätte ich jetzt noch Klapperschlangen, Schildkröten, Salamandern und Co. berichtet, doch nachdem das Bärenfoto über 45min gebraucht hat um hochgeladen zu werden, reicht es mir.
Ich hoffe, dass ich morgen ausreichend Motivation zum Marschieren finde, ansonsten gibt's einen weiteren Ruhetag.


Happy trails :-)