Donnerstag, 14. Mai 2015

Die Strasse ist zum Marschieren da!

Etappe 5: Pie Town (~325mi) - Grants (~395mi)

Pie Town war wie immer ein Schmelztiegel. Fast schon eine Geisterstadt, doch die 48 Einwohner halten Pie Town irgendwie am leben. Es gibt wirklich nicht viel hier... doch als Wanderer braucht man auch nicht viel.
Ein Postamt, zwei Lokale und ein "Toaster House"... das wars!





Toaster House gehört Nita, die ihr altes Familienhaus allen Reisenden frei zur Verfügung stellt. Sie selbst war heuer leider nicht anwesend, da sie eine neue Hüfte bekommt, doch in Wirklichkeit schmeißen wir den Laden eh selbst. Es gibt Strom für alle elektronischen Notfälle (im Zeitalter der Smartphones ist es wichtiger seinen Akku zu laden, als Essen im Rucksack zu haben!), einen Holzofen zum kochen, ein paar Schlafgelegenheiten und geduscht wird am Campingplatz nebenan.




Die Öffnungszeiten für das Postamt und die Restaurants sind recht eigenwillig und kurz, doch es gibt immer Pie :-)... und ich hätte fast vergessen ein Foto zu machen... sie schmecken aber auch sooooooo gut!




Mittags hatten wir sogar für ein paar Minuten Schneefall und keiner wollte so richtig aufbrechen und so waren wir gegen Abend ungefähr 25 Wanderer in dieser kleinen Unterkunft. In dem Zimmer, welches ich letztes Jahr gemeinsam mit Rettlebee teilte, lagen plötzlich 6 Leute und es wurde immer enger. Wer mich kennt, weiß was dann kam... Banana Pants ergriff die Flucht. Warum Schulter an Schulter und mit Bettwanzen am Boden Schlafen, wenn ich doch mein eigens Zelt ganz für mich alleine haben kann. 20 Minuten und 1,5 Meilen später hatte ich meinen Schlafplatz gefunden :-)


Die Strecke zwischen Pie Town und Grants ist kein Highlight. Ich befand mich praktisch seit dem Verlassen des Gila Canyons auf Schotterstrassen und dies änderte sich auch nicht so schnell. Somit hieß es weiter Meile für Meile auf monotonen Pisten dahin zu stapfen... aber zum Glück haben wir ja alle Musik, Hörbücher und Podcasts dabei :-)





Ein Blick auf mein GPS und ein wenig angewandte Mathematik brachte mich am Ende des Tages einer Entscheidung näher... ich verkürze meine Strecke um 7 Meilen! Der kleine Abstecher in einer dieser Hügellandschaften nur um der offiziellen Alternativroute zu folgen... warum? Somit blieb ich einfach auf meiner so geliebten Schotterstrasse und war auf meiner eigenen Alternative der Alternativen. Es war eh schon völlig egal... Strassen sind zum marschieren da!!!
Ich kampierte nach 30 Meilen Tageswanderung bei einem idyllischen Windrad und war meinen Füssen dankbar.



Der folgende Tag war aber die größere Herausforderung. Anstatt Schotter gab es ab jetzt nur mehr Asphalt... bis nach Grants... 40 Meilen am Highway 117.

Eine nette Unterhaltung hatte ich mit Frederik aus Schweden. Einem Abendteurer, der 7 Monate Zeit hat, die USA zu erkunden. Ohne einen ganz genauen Plan radelt er vom Süden Richtung Norden. Irgendwann wird er dann in Seattle sein und wenn noch genug Zeit übrig ist, geht es weiter nach Anchorage... viel Spass!



Letztes Jahr wanderte ich über die Felsenformation der "Narrows" hinweg, um ein wenig Abwechslung gegenüber der Straße zu haben. Jedoch nicht dieses Jahr... und die Aussicht von unten ist auch nicht schlecht. Wie gesagt - die Strassen sind zum Marschieren da!






Ich bin aber nicht verrückt genug, um die 40 Meilen an einem Tag zu absolvieren. Nachdem ich bei einem Visitor Center ganz verboten über das Tor geklettert bin (da es schon geschlossen hatte), meine Wasserdepots wieder gefüllt und mein Abendessen genossen hatte, kampierte ich ca. 12 Meilen ausserhalb von Grants ein letztes Mal.



Kaum zu glauben, wie sehr man sich als Weitwanderer über den Anblick einer Tankstelle an einer Interstate (Autobahn) freuen kann. Für mich hieß es... zweites Frühstück bei einem Subway Schnellimbiss :-)



Ich würde Grants nicht gerade als Traumstadt bezeichnen, doch sie bietet Alles, was ich zur Erholung brauche: Eine kostengünstige Unterkunft, einen Walmart (für alle Besorgungen) direkt ums Eck und viel Essen!!!


Da ich meinem Plan voraus bin und es in Colorado wieder leicht geschneit hat, ist es Zeit für einen doppelten Ruhetag. Die nächsten 2,5 Tage nenne ich dieses schmucke Hotelzimmer mein Eigenheim und lasse es mir gut gehen!



So... ganz schön viel geschrieben und Fotos hochgeladen! Ich hoffe, dass ihr euch erneut ein gutes Bild von meinem Abenteuer machen konntet :-)
Die nächsten (und letzten) Zwischenstops in New Mexico sind Cuba, Ghost Ranch und Chama. In Cuba - in 5 Tagen - sollte ich ausreichend Empfang haben, um vom Telefon aus ein wenig zu bloggen. Insgesamt hab ich noch ca. zwei Wochen bis Chama... ich kann Colorado schon riechen oder sind es doch nur meine Schuhe :-P

Happy trails :-)

Mittwoch, 13. Mai 2015

Das Wunder des Gila Canyon

Etappe 4: Doc Campbell's Post (~192mi) - Pie Town (~325mi)

Wann immer ich mich zu Hause an etwas Markantes zurück erinnert habe, dann waren es stets diese verdammten Tage im Gila Canyon nördlich von Doc Campbell's Post!
Ich bin mir relativ sicher, dass ich bereits in dieser frühen Phase meine Füße ruiniert habe und es nur meine Frage der Zeit war, bis ich einfach nicht mehr weiter konnte.

Ich hab überlegt diesen Abschnitt heuer zu umgehen, indem ich die "High route" entlang der wirklichen Divide nehmen könnte. Doch mit fast 6 Tagen Essen frisch im Rucksack wollte ich nicht noch zusätzlich Wasser schleppen müssen. Also Augen zu und durch...! Oder besser gesagt Knöchel in die Hände und fliegen :-)

Der Start fing diesmal recht gemütlich aus. Von den Cliff Dwellings absolvierte ich nur weitere 5 Meilen durch den Little Bear Creek Canyon, um zurück in den Gila Canyon zu gelangen. Bei einem sehr geräumigen natürlichen Campingplatz waren wir dann gegen Ende des Tages eine ganze Meute voller Wanderer. Zuvor suchen wir alle ein weiteres Mal Schutz vor dem regen...



Der nächste Morgen war perfekt und so stapften wir dann alle los. Als "alter" Veteran warnte ich meine Kollegen vor dem schlimmen Abschnitt, der nun kommen würde... kein Trail mehr... nur mehr Steine und Sand... und natürlich die unzähligen Querungen des Flusses (es dürften so ca 80-100 in zwei Tagen sein).



Es gibt aber auch Highlights wie die Jordan Hot Spring! Die reinste Erholung für alle Besucher.
Und für Weitenderer...?
Endlich eine Dusche und die Möglichkeit Wäsche zu waschen :-)



Von einigen Tageswanderern bekam ich die Auskunft, dass der Gila Canyon letzten Herbst erneut durch Hochwasser beschädigt wurde. Noch mehr Unwohlsein kam in mir hoch,  doch irgendwie war der Weg dieses Mal ganz anders. Sand und Schottenbänke waren in der Zwischenzeit bewachsen und um einiges leichter zu begehen... überall fand ich plötzlich wieder Trails, die anscheinend durch die vielen Besucher neu entstanden sind... und das kühlere Klima war sehr entgegenkommend.




Recht bald nach dem Zwischenstopp bei den heißen Quellen nahmen Sanjay und ich ein wenig Tempo auf. Warum? Weil es möglich war!
Somit pflügte ein indischer Amerikaner im gelben T-Shirt und ein Österreicher in gelben Hosen durch den Canyon... links, rechts, links, rechts... eine Schlinge nach der anderen. 




Ohne es fassen zu können, hatten wir am Ende des Tages gut 25 Meilen geschafft. Unfassbar!?!? Ein Wunder! Letztes Jahr schafften wir völlig erschöpft gerade einmal 16 Meilen.
Ich wartete immer noch auf die unzähligen Baumstämme, die zu queren wären... die anstrengenden Passagen im wirklich tiefen Sand... die Schmerzen vom andauernden Umknöcheln... doch nichts davon trat ein.
Mein ganz persönliches Wunder vom Gila Canyon!




Um 10 Uhr am nächsten Tag kamen wir am Snow Lake an, der das Ende der Schluchtenwanderung definierte. Im erneuten Vergleich zu 2014 war das unser Camp am zweiten Tag. Diesmal hieß es - alles trocken legen und weiter gehts :-)


Der Unterschied danach könnte nicht größer sein.... endlose Weite... endlose Trockenheit.




Zum Glück beschert mir New Mexico gerade moderate Temperaturen. Die Nächte sind zwar ganz schön kalt - stets um den Gefrierpunkt - dafür ist es tagsüber nicht übermäßig heiß. Somit benötigen wir alle gar nicht zu viel Trinkwasser wie gedacht. Selbst die übelsten Schlammlöcher bieten genug Trinkwasser, auch wenn die Filterung eine ganze Mittagspause aufbraucht.



All diese tollen Bedingungen verschafften mir bereits einen Vorsprung - einen, den ich gut nutzen konnte. Der Manga Mountain Fire Lookout ist im Frühling nämlich am Wochenende geschlossen. Letztes Jahr kam ich an einem Samstag vorbei, heuer war es ein Freitag (obwohl ich bereits einen Ruhetag in Silver City eingelegt hatte). Kaum zu glauben, dass ich bei so vielen Aufenthalten in Nordamerika noch nie auf einem Fire Lookout gewesen bin. Ein weiterer Punkt auf meiner USA-Liste, der nun abgehakt ist!

 

Ich folge dieses Mal meinen eignen aufgezeichneten GPS Daten Schritt für Schritt vom Vorjahr, in gewisser weise meinem eigenen Geist. Ich sehe auf genau, wo ich jeweils übernachtet hatte. Die letzte Nacht vor Pie Town war dann eine besondere... ich kampierte unter haargenau dem selben Baum wie vor 363 Tagen!
Der Sonnenaufgang war ein Traum und gemeinsam absolvierten Sanjay und Scallywag und Ich die verbleibenden Meilen...


Happy trails :-)

Doc Campbell's + Cliff Dwellings SPEZIAL

Doc Campbell's Post ist ein Pflichtstopp für jeden Wanderer, da man an diesem Punkt umbedingt ein selbstgeschicktes Packet mit Verpflegung für die nächsten Tage benötigt.

Der "alte Doc" nachdem der Laden aber nicht benannt ist, ist ein oft mürrischer in die Jahre gekommener Auswanderer aus Deutschland, der stets in Tarnkleidung herum rennt. Er war dieses Jahr wirklich gut gelaunt und freundlich (zumindest mir gegenüber) aber trotzdem nicht vor die Kamera zu bekommen :-(

Wie nun so ein unscheinbarer und idyllischer Außenposten einer kleinen Touristenregion aussieht wenn Weitwanderer wie Heuschrecken drüber hinwegfegen sollen die nächsten Fotos ohne viel Kommentar zeigen... wir nennen es einfach nur "Hicker-Trash"... so genial!













Gerade einmal 5 Meilen nördlich befinden sich die Gila Cliff Dwellings, Überreste von Hölenbauten der Mogollon-Indianer.
Letztes Jahr habe ich sie nicht besucht, da meine Füße bereits überstrapaziert waren, doch dieses Mal nam ich mir  gemeinsam mit Wanderkollegen Sanjay die Zeit.










Happy trails :-)