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Faszination Weitwandern |
Während der Vorbereitung zu meinem zweiten großen Abenteuer in den USA, bekomme ich vermehrt die "Warum-Frage" gestellt… Warum tust du dir das an?
Aus diesem Grund versuche ich die Faszination Weitwandern zu erklären, sofern dies überhaupt mit ein paar Zeilen möglich ist.
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Billy Goat |
Viele konnten es nicht verstehen als ich zum Pacific Crest Trail aufgebrochen bin und verstehen es noch viel weniger, dass ich mich jetzt auf den Continental Divide Trail vorbereite.
Ich hätte mir es ja bereits bewiesen! Warum also nochmals die ganzen Qualen?
Eine der Legenden des PCT - Billy Goat - hat zu diesem Thema nur eines zu sagen… "Wenn jemand erst fragen muss, wird er es nie verstehen!"
Will ich die Frage ganz sachlich beantworten wäre mit den folgenden Aussagen alles erklärt:
- Die Landschaft ist ein Traum!
- Das Gefühl der Freiheit ist unbeschreiblich!
- Ich bin fit wie sonst nie!
- Ich bin mit mir selbst im reinen!
Natürlich ist die Sache etwas komplexer. Jeder hat seinen ganz persönlichen Zugang zum Weiterwandern.
Bei mir fing es an, dass ich mit Bandscheiben-Problemen unsportlich wurde, eindeutig zu viel Speck angesetzt hatte und der Arzt eindringlich mehr Bewegung forderte!
Also kaufte ich mir Nordic-Walking-Stöcke und begann durch meine Heimatstadt Graz zu marschieren. Direkt bei der Haustür raus und los ging es! Schnell bemerkte ich, dass Wanderstöcke in einer Stadt neumoderner Schwachsinn sind, stellte diese ins Eck, doch die Lust am Marschieren blieb.
Eines Tages - ich kann mich noch genau an den Moment erinnern - störte es mich, dass ich immer wieder nach Hause zurück ging, wo ich doch viel lieb gerade aus weitermarschieren würde.
Das Thema Weitwandern ging mir nicht mehr aus dem Kopf!
Eines muss auf jeden Fall klar sein… Weitwandern ist kein Urlaub! Bei Distanzen jenseits der 1.000 Kilometer handelt es sich um Projekte von mehreren Monaten. Geht man gewissenhaft vor ist Weitwandern ein perfekt kalkulierbares Abenteuer! Ein Abenteuer!
Wer kann das in der heutigen Zeit nicht gebrauchen!?!
Meine Generation wird leider von einer Arbeitswelt dominiert, wo jeder Einzelne jeden Tag ans Limit gedrängt wird. Es spielt keine Rolle in welcher Position oder in welcher Branche man tätig ist… fast jeder steht kurz vor einem Kollaps. Das Einsatz verlangt wird ist nicht das Problem, die geringe Wertschätzung der erbrachten Leistungen führt zur Frustration.
Und so kommt man zur selben "Warum-Frage"… Warum tue ich mir das an?
Weitwandern ist eine Art Flucht vorm Alltag - ganz klar! In gewisser Weise ist das ja jedes Hobby. Nur sucht der Weitwanderer nicht den schnellen Nervenkitzel sondern die Faszination einer einfacheren Lebensweise.
Der Alltag wird drastisch vereinfacht… marschieren, essen, marschieren, Wasser suchen, marschieren, schlafen!
Solange man zuvor sein Budget richtig kalkuliert und finanziell keine Sorgen hat, war's das! Dies hat nichts mit Aussteigen aus der Gesellschaft zu tun sondern ist eine kontrollierte Reduktion!
So lernt man die kleinen Dinge wieder zu schätzen. Nie werd ich vergessen als ich nach endlosen Tagen im staubigen Süden Kaliforniens plötzlich einen einsamen Campingtisch vorfand und mein Mittagessen im sitzen einnehmen konnte. So sehr hatte ich mich noch nie über einen Tisch gefreut :-)
Ganz zu schweigen vom Luxus einer Dusche wenn ich wieder einmal einen Zwischenstop in einer Kleinstadt einlegte.
Als Solo-Hiker - wie ich einer bin - ist man die gesamte Zeit auf sich selbst gestellt. Auch wenn der Wander-Alltag einem "normalen" Arbeitstag recht nahe kommt, (Wecker viel zu früh und Pausen auf Zeit) bin ich mein eigener Chef! Das schöne daran… ich lobe mich jeden Tag! Irgendwann realisiert man nämlich, dass man praktisch täglich eine Marathonstrecke zurück legt und dies am darauf folgenden Tag wiederholen wird! Da schläft man sehr zufrieden ein!
Ich könnt wahrscheinlich noch ewig weiter schreiben ohne zu wissen ob man mich wirklich versteht, doch ich kann nur jedem empfehlen einmal zumindest eine Mehr-Tages-Tour zu unternehmen. In Österreich hat man leider das "Luxus-Problem" der Berghütten. Man ist zwar perfekt versorgt, bekommt aber nie dieses Freiheitsgefühl wenn man abends immer in einem Schlaflager landet.
Mein Fazit:
Wenn man mit sich selbst gut zurecht kommt und nicht ständig Gesellschaft braucht ist Weitwandern eine einzigartige Therapie gegen unser modernes Stress-Leben… einfach mal probieren!!!
Happy Trails :-)